Auf der Strecke by Bielefeld Claus-Ulrich; Hartlieb Petra

Auf der Strecke by Bielefeld Claus-Ulrich; Hartlieb Petra

Autor:Bielefeld, Claus-Ulrich; Hartlieb, Petra
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Kriminalliteratur
ISBN: 978-3-257-60171-8
Herausgeber: Diogenes
veröffentlicht: 2014-10-28T04:00:00+00:00


[202] 16

Anna Habel drosch auf ihren Wecker ein, doch das Piepen dauerte an. Scheiße, Handy, dachte die wache Hälfte ihres Gehirns. Mühsam rollte sich Anna aus dem Bett. Eine plötzliche Welle von Übelkeit ergriff sie. Wie unvernünftig, sich mit diesem Berliner Idioten so die Kante zu geben. Auf der Suche nach dem Mobiltelefon warf sie einen Blick auf die Küchenuhr: halb sechs, das bedeutete nichts Gutes. Ihre Klamotten hatte sie gestern Stück für Stück auf dem Weg ins Bett verteilt, und in der schwarzen Hose piepte und leuchtete es. »Habel.«

»Einen schönen guten Morgen, Frau Kollegin. Ich hoffe, Sie haben gut geruht?«

»Spar dir das Gesülze, Kolonja. Was ist passiert?«

»Ach, Frau Kollegin erlauben sich, mich wieder zu duzen? Also, dein schönes Fräulein wird wohl heute nicht im Kommissariat erscheinen, das liegt nämlich im Wilhelminenspital. Selbstmordversuch.«

»Scheiße, scheiße, scheiße! Das gibt’s doch nicht. Wird sie überleben? Wann ist das passiert?«

»Ich weiß nicht genau, wann, ich habe die Meldung gerade von den Johannitern bekommen. Die haben sie gegen vier Uhr früh mit aufgeschnittenen Pulsadern abgeholt. Und dreimal darfst du raten, wo!«

[203] »Ich weiß es schon. In der Wohnung von Kupfer? Wo war der?«

»Der war auch da. Allerdings war er wohl stockbesoffen für ein paar Stunden auf dem Sofa eingeschlafen, als die Dame sich klammheimlich aus dem Staub machen wollte. Aber es ist ihr nicht gelungen, er hat sie noch rechtzeitig gefunden, sie wird davonkommen.«

Anna war überrascht, dass Kolonja zu einem professionellen Umgangston übergegangen war und nicht in jedem Halbsatz durchklingen ließ, dass eigentlich sie daran schuld sei.

»Wo bist du jetzt? Ich komme.«

»Nein, das macht keinen Sinn. Die lassen uns eh nicht zu ihr. Voll sediert und abgeschirmt. Leg dich noch mal hin. Wir treffen uns um acht.«

»Okay. Und – Kolonja?«

»Hm?«

»Danke, dass du gleich Bescheid gesagt hast.«

»Geht klar. Bis später.«

An Schlaf war nicht mehr zu denken, sie unterdrückte den Impuls, Bernhardt aus seinen Hotelträumen zu reißen, und kochte sich erst mal eine große Tasse Kaffee.

Irgendwie wurde alles immer verworrener. Sie war sich so sicher gewesen, dass Leyla nichts mit Puchers Tod zu tun hatte. Aber warum dann dieser Selbstmordversuch? War sie wirklich so verzweifelt? Auf einem alten Einkaufszettel begann sie alles, was ihr einfiel, aufzuzeichnen. Pucher war ein großer Kreis in der Mitte: Eifersucht – Drogen – Neider – Islamisten – Manuskript. Und dann gab es da noch diese seltsame Polittheorie von Bernhardt, irgendwas mit der [204] Treuhand und einer ganz großen Nummer, doch was ein österreichischer Autor damit zu tun haben sollte, war ihr nicht ganz klar.

»Mum?!«

»Mein Gott, hast du mich erschreckt. Wieso schläfst du denn nicht?«

»Frage zurück. Zuerst kommst du mitten in der Nacht heim und verstreust laut fluchend dein Zeug in der ganzen Wohnung, und dann telefonierst du mitten in der Nacht in voller Lautstärke. Kannst du dich eigentlich noch erinnern an unsere Fluchsparbüchse von damals? Für jedes Unwort einen Schilling? Da hättest du heute ordentlich was eingezahlt.«

»Tut mir leid. Hab gerade ein wenig viel um die Ohren. Willst einen Tee oder gehst wieder ins Bett?«

»Kaffee, bitte.«

Anna hob die Augen und betrachtete ihren Sohn.



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